Haushaltsrede der SPD-Fraktionsvorsitzenden Cornelia Gasche, DHH 2018/19, am 12.03.2018

Cornelia Gasche

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren,

heute entscheiden wir über den Haushalt für die Jahre 2018 und 2019.

Es liegt uns ein Planwerk vor, das für

2018 ein Plus von 7,56 Millionen Euro ausweist und für

2019 sogar ein Plus von 10,52 Millionen.

Im Jahresabschluss 2017 erwarten wir voraussichtlich einen ebenfalls positiven Abschluss der bereits deutlich die 10 Millionen-Marke reißen könnte.

Wer hätte das vor wenigen Jahren für möglich gehalten?

Uns begleitet eine allgemein gute Konjunkturlage. Aber vor allem die Entwicklung

und das Wachstum unserer Stadt sind die Grundlage für diese positiven Zahlen.

Eine Entwicklung, die unsere kommunale, finanzielle Handlungsfähigkeit stärkt.

All das ist aber nicht vom Himmel gefallen.

Es ist vor allem der Kraft der Koalitionsfraktionen zu verdanken, die sich gemeinsam

mit ihren Ortsbeiratsvertreterinnen und Vertretern harten Entscheidungen nicht

entzogen haben. Der Preis für den Kommunalen Schutzschirm war hart.

Sparbeschlüsse und Steuererhöhungen, die in alle Teile unserer Stadt hineingewirkt

haben.

Auch die Hessenkasse, die wir gerne nutzen und die ein weitsichtiges Angebot ist,

ist nicht kostenlos. Sie wird sowohl aus kommunalen Mitteln, wie auch von den

teilnehmenden Kommunen durch einen jährlichen Beitrag finanziert.

Diesen Beitrag, 2,316 Millionen Euro (25 Euro pro EW), müssen wir künftig Jahr für

Jahr – voraussichtlich 30 Jahre lang – im Ergebnishaushalt erwirtschaften!!

Und – so habe ich es auch in unserer Pressekonferenz bereits betont – erst 2020

kommt der Tag, an dem Hanau aus dem Schutzschirm entlassen werden kann, wenn

wir 3 Jahre in Folge positive Ergebnisse geschrieben haben.

Wir sind überzeugt, dass wir das schaffen.

Bereits heute haben wir die Vorgaben des Schutzschirmvertrages jeweils deutlich

übertroffen, aber Vertrag ist Vertrag – meine Damen und Herren – und erst wenn er

erfüllt ist, kann man die Segel neu ausrichten.

Alles andere wäre unsolide und fahrlässig!

Eine Haushalts- und Finanzplanung ist nichts für die Kurzstrecke!

Ein Doppelhaushalt ist immer nur der nächste Meilenstein auf dem Weg einer

Langstrecke.

Hier ist Perspektive, Haushalten mit den eigenen Kräften, die Beobachtung

externer Einflussfaktoren (Bund/ Land, aber auch die Gewerbesteuer) Ausdauer,

Durchhaltevermögen: ein strategischer Blick erforderlich!

Hierzu gehören auch die 25 Millionen Zuführung an die BHG zur Stärkung des

Eigenkapitals, weil wir unsere großen Defizitbereiche Bäder und den ÖPNV /

die HSB doch für die Zukunft absichern müssen!

Wir haben als Koalition bittere Entscheidungen getragen, aber genauso

zukunftsweisende Entscheidungen getroffen – die nicht selten erheblicher Kritik

ausgesetzt waren. Das galt es durch zu stehen, um das heutige Ergebnis zu

erreichen.

Wir wissen, welche Strecken mit Steinen und Barrieren zu überwinden sind, das hat

uns den Respekt vor der Aufgabenstellung aber ebenso die Kraft des langen Atems

begreifen lassen!

Politik im Allgemeinen – und das gilt auch für Kommunalpolitik – darf nicht nur

in Wahlperioden denken, entscheiden und handeln.

Mit dem Doppelhaushalt 2018/ 2019 legen wir die weiteren Grundlagen für die

Entwicklung unserer Stadt – über die Jahre 2018 und 2019 hinaus – weit hinein in

das 3. Jahrzehnt in diesem Jahrhundert!

Unsere Stadt hat hervorragende Perspektiven. Dazu gehört es aber, dass wir

weiterhin den Mut haben, diese Chancen auch zu ergreifen und da reicht

ausdrücklich nicht der Blick auf den nächsten Meter, das Hier und Heute!

Wir wissen, dass wir mit den Sparbeschlüssen und Steuererhöhungen vielen Einiges

zugemutet habe und zumuten.

Wir haben denen Danke zu sagen, die dafür Verständnis aufgebracht haben und

denen, die mit Eigeninitiative und tw. auch finanziellem Engagement entstandene

Lücken geschlossen haben.

Das ist die Ressource einer aktiven Stadtgesellschaft.

Für uns ist es wichtig, dass wir die Justierung im Blick haben, die Ausgewogenheit

und das Gleichgewicht in den vielen Aufgabenfeldern, die eine Stadt hat.

In Hanau lebt die sog. „Modellfamilie“ immer noch billiger als in anderen

(Sonderstatus-)Städten und das ist gut zu wissen und so soll es auch bleiben,

……..und dafür braucht es keinen mehr 200.000 Euro teuren Windelbonus, (von dem

auch noch Bezieher/innen von Transferleistungen ausgeschlossen wären!!!)

Hanau wird in den kommenden Jahren weiter wachsen.

Ca. 5.000 Wohneinheiten sind in der Planung und Umsetzung.

Damit werden wir die 100.000 Einwohnergrenze überschreiten.

Wirtschaftlich hat Hanau in den vergangenen 10 Jahren 6.200

sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze hinzu gewonnen.

Unsere Stadt wächst in ihrer Funktion als Oberzentrum und das wollen wir

ausdrücklich.

Hanau hatte immer und soll weiter – eine wichtige Funktion für die Region

einnehmen.

Das brauchen wir auch für uns – denn die Vielfalt unseres Schulangebotes, unsere

Krankenhäuser, aber auch das kulturelle und Einkaufsangebot wären nicht

aufrechtzuerhalten, wenn es nur die Hanauerinnen und Hanauer nutzen würden.

Zu schrumpfen ist keine Alternative, dass sehen wir an der Entwicklung vieler

ländlicher Regionen!

Aber natürlich sind es die Hanauerinnen und Hanauer, die zuallererst den

Nutzen davon haben!!

Hanau wird mit der 100.000er Grenze zur kleinsten Großstadt.

Es ist unsere Aufgabe, diesen Prozess zu gestalten und den Bürgerinnen und

Bürgern zu erklären, was Sie davon haben werden!!

Natürlich muss mit diesem Wachstumsschritt auch die Infrastruktur wachsen – vor

allem auch Kitas und Schulen.

Und genau das, meine Damen und Herren, ist eine der wesentlichen

Finanzierungsaufgaben für unseren kommunalen Haushalt.

Sozusagen: Kita-Platz vor Windelbonus!!

2018/ 2019 investieren wir gemeinsam mit den Eigenbetrieben 75 Millionen Euro!!

in den Ausbau der Infrastruktur unserer Stadt.

Darunter

– die Kita und die Grundschule in Pioneer

– der Ausbau der Tümpelgartenschule zu einem Ganztagsangebot von 1 – 10

Jahre, von der Krippe bis zur 4. Klasse.

– die Sanierung der Lindenausschule

– Investitionen in die Kita Dresdener Straße, in die Geschwister-Scholl-Schule in

Steinheim, die Friedrich-Ebert-Schule in Klein-Auheim, die Otto-Hahn-Schule,

die Anne-Frank-Schule u.v.m.

– Aber auch die Fortsetzung der Innenstadtentwicklung mit der Platzgestaltung

Wallonisch Niederländische Kirche, dem Historischen Rathaus.

– Kulturelle Investitionen in das Schloss Philippsruhe und unser erstes Brüder-

Grimm-Mit-mach-Museum – ja bis hin zur Förderung eines Apfelweinmuseums.

– Wir investieren aber z. B. auch in einen Digitalisierungsprozess – das kostet

alles erst einmal Geld, bevor daraus eventuell Effizienssteigerungen erwachsen

können! Das scheint schnell vergessen, sobald Anträge gestellt sind!

Wir haben Verträge mit den sozialen Organisationen abgeschlossen. Auch wenn es

etwas weniger ist, so ist es doch eine zuverlässige Größe! Wenn es eng wird, lassen

wir niemanden hängen!

Sparsamkeit, sorgsame Finanzplanung und gleichzeitige Investitionen in die

Attraktivität und nachhaltige Entwicklung Hanaus – auf allen Themenfeldern,

z. B. der Aus- und Aufbau der Babylosten genauso wie Schaffung kleiner, wertvoller

sozialer Maßnahmen wie bspw. die Etablierung der „Kultur-Loge“.

Wir schauen heute schon auf 150 Jahre August-Gaul (2019) und auf 700 Jahre

Stadtrechte Sth. (2020)!

Der mutige Neubau der Stadtbibliothek im Herzen unserer Stadt, war eine der

größten Bildungsinvestitionen Hanaus – außerhalb des Themas Schule.

2017 – 400.000 Besucherinnen und Besucher!!! Im letzten Jahr haben dort 400

Veranstaltungen stattgefunden!

Trotz Schutzschirm und Hessenkasse, denken wir an die vielfältigen Bausteine, die

eine heterogene Stadtgesellschaft benötigt, wenn sie sich gut entwickeln und vor

allem auch „beieinander bleiben“ will.

Wir sind an der Seite derjenigen, die mit uns Stadt gestalten wollen und dafür bereit

sind, persönliche Zeit oder auch privates Geld zu investieren.

Einzelpersonen aber auch Organisationen – hier möchte ich beispielhaft die

Serviceclubs nennen!

Ihnen allen sage ich heute im Namen meiner Fraktion herzlichsten Dank!!!

Genau das ist Stadt und Kommunale Selbstverwaltung – gemeinsames Gestalten!

und nicht das Delegieren von Allem und Jedem auf eine organisierte Verwaltung.

Im Dezember sind mir im Antiquariat des ConCon-Verlags die 2 Bände von Heinrich

Bott, Gründung und Anfänge der Neustadt Hanau 1596 – 1620, in die Hände

gefallen.

Ein spannendes, lehrreiches Werk – ich kann es ihnen nur empfehlen!

Wir wollen unsere Stadt ökonomisch, sozial, ökologisch und kulturell

zukunftsfest machen!

Dazu gehört es, dass wir den finanziellen Neustart, wie es Ob Kaminsky nennt,

tatsächlich begreifen und anpacken.

Und das ist keine Frage von buchhalterischen Zahlen, sondern von echtem Geld,

liquiden Mitteln!

Wir dürfen nicht mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen! Und wir müssen

zurücklegen!

Meine Damen und Herren,

Investitionen können nur aus Überschüssen im Ergebnishaushalt, finanziert werden.

Ich glaube, dass haben viele hier im Haus noch nicht verstanden!

Wer in die Zukunft investieren will, muss also nicht nur jährlich die Überschüsse

aus dem Ergebnishaushalt verteilen und aufzehren, sondern vor allem Rücklagen

und insbesondere echte Liquiditätsreserven bilden.

Wir investieren in die Sicherheit unserer Stadt, obgleich hier andere an erster Stelle

wären. Wir investieren in Prävention, aber auch in Video-Überwachung und

zusätzliches eigenes Sicherheitspersonal, z. B. in der neu aufgebauten Stadtwache.

Für die Zukunft unserer Stadt ist es eine elementare Voraussetzung, dass sich die

Bürgerinnen und Bürger, die Gäste in Gäste auch „subjektiv“ sicher fühlen. Hier sind

wir uns grundsätzlich alle einig!

Sicherheit und Ordnung – das ist die erste und wesentlichste staatliche Aufgabe,

die wir niemandem anderen überlassen dürfen als dem Staat!

Deshalb zeigen wir nicht auf andere, sondern investieren auch als Kommune seit

vielen, vielen Jahren mit eigener Kompetenz und Personal und jetzt erst recht.

Das Land Hessen hat uns für dieses Engagement mit dem Projekt Kompass

ausgezeichnet.

2018 schaffen wir 6 zusätzliche Stellen für Ordnungskräfte und 2019 werden es

weitere 2 Stellen sein. (6 mehr als es die CDU fordert)

Noch ein Investitionsbeispiel der Zukunft möchte ich nennen, das einige wohl

aus den Augen verloren haben?

Wir wollen doch gemeinsam bspw. unseren Anteil für die nord-mainische S-Bahn

aufbringen können!!

Auf diese Realisierung warten wir doch alle seit nahezu Jahrzehnten – oder nicht?

Auch diese Mittel sind in den kommenden Jahren zu erwirtschaften!!!

Bei aller Liebe – ich bitte um Verständnis – ist es daher für meine Fraktion und

unsere Koalitionspartner kaum verständlich, dass – noch nicht einmal aus dem

Schutzschirm entlassen –Teile dieses Hauses ernsthaft über

Einnahmenreduzierungen und Ausgabesteigerungen in beeindruckender Höhe reden

und dies als „Visionär + Mutig“ darstellen.

Eine Form von „Mut“ ist es schon – allerdings eher Über-Mut!

Und dabei geht es nicht darum, dass der ein oder andere Antrag – ein

Ausgabewunsch – nicht in Teilen nachvollziehbar wäre.

Es passt aber einfach nicht in die Zeit!!

Es hat auch nichts mit dem zu tun, was eine zukunftsorientierte Finanzpolitik und

Gestaltung für unsere Stadt erfordert!!!

Deshalb ist jetzt Kurshalten und nicht Schlingern und „wünsch-dir- was“ gefragt.

In den kommenden Jahren wird sich Hanau weiter entwickeln und es ist unsere

gemeinsame Aufgabe, diese Entwicklung zu gestalten, gemeinsam mit den

Bürgerinnen und Bürgern.

– Was heißt es, kleinste Großstadt zu sein?

– Was bedeutet eine Kreisfreiheit und wie kann man diese gestalten?

Wie wir wissen: Eine Blaupause hierfür gibt es nicht!

– Was heißt qualitatives Wachstum?

– Warum ist ein, „Es soll so bleiben wie es ist“, keine Alternative und wäre am Ende

gleichbedeutend mit einer

„Rückwärts-Entwicklung“?

Ein Diskussionsprozess im Großen, wie wir ihn in einem kleinen Ausschnitt heute

bspw. mit den Kritikern zu Mittelbuchen Nord-West diskutieren.

Gäbe es einen Netto-Markt in Mibu, wenn alles so geblieben wäre?

Ich verehre Helmut Schmidt, aber den Satz: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“

teile ich ausdrücklich nicht.

Ich bin sicher, die meisten Hanauerinnen und Hanauer wissen, wer tatsächlich

„Visionen für die Entwicklung unserer Stadt hat“

Vor allem aber, wer bewiesen hat, dass er diese auch konsequent zu

verfolgen und umzusetzen in der Lage ist!

Und das mit Erfolg – wie wir an der Entwicklung– heute im März 2018 – ablesen

können.

Das ist keine Errungenschaft für immer – es zu erhalten und auszubauen ist

tägliche Arbeit und permanente Zielstrebigkeit – immer wieder den Blick in die

Zukunft gerichtet, ohne das Hier und Jetzt zu vergessen!

Wenn wir gewiss sein können, dass wir ein stabiles finanzielles Fundament

erreicht haben, dann geben wir den Hanauer Steuerzahler/innen natürlich wieder

etwas zurück. Aber zum jetzigen Zeitpunkt, wäre das nicht verantwortlich, nicht

seriös!

Wir haben jetzt ein wichtiges Etappenziel auf dem Konsolidierungspfad erreicht.

Würden wir es noch kameralistisch betrachten, dann hätte Hanau den besten

Haushalt seiner Geschichte!

Wir sind auf dem richtigen Weg!

Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit den Menschen – die nächste Zukunftsphase

gestalten zu können.

Wie wollen wir in Zukunft leben?

Und wie soll die nächste Generation in Hanau gut leben?

Es wird ganz sicher ein spannender Prozess!

Danke an alle Bürgerinnen und Bürger, die den schwierigen Kurs der letzten Jahre

mit getragen haben.

Danke an die Führungskräfte, Mitarbeiter/innen und Mitarbeiter

der Unternehmung Stadt.

Es hat sich gelohnt und wir brauchen Sie weiter an unserer Seite!

Danke an meine Fraktion und die Koalition!

Es bleibt viel zu tun – packen wir es an!

Oder mit Blick auf unsere gestrige Veranstaltung zu 100 Jahre Frauenwahlrecht, in

der Frau Backhaus-Arnold am Ende Clara Zetkin zitierte:

„Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände,

haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: „Erst recht“.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!